Die Klarheit traditioneller Gebäude-typologien ländlicher Baukunst, der Werkzeugcharakter von Gebäude und Gehöftordnung und die Wirkkraft regionaler Baumaterialien bilden die Grundlage einer Poesie des Einfachen von Dorf und Landschaft.
Die beiden der Dorfkirche gegen-überliegenden Vierseithöfe bilden das zentrale Ensemble des Straßendorfes Glambeck bestehend aus den Strassen begleitenden Putzgebäuden von Bauernhaus und Amtshaus mit 1910 angebautem Wirtssaal, dem Milchhaus, zwei rot geklinkerte Stallgebäuden, einer Scheune und einer Durchfahrts-scheune aus gelbem Klinker sowie einer Remise aus Feldsteinmauer-werk mit Holzverschalung.
Mit der stufenweisen Sanierung und Erweiterung der z.T. ruinösen Gebäude der beiden Vierseithöfe wird das zentrale Ensemble des Straßendorfes wieder hergestellt.
Das traufständige Bauernhaus von 1853 ist der einfachste und an-fälligste Haustypus des Ensembles. Durch jahrzehntelange, bauliche Verunstaltung und Vernachlässig-ung entstellt wurde es als erstes Gebäude des Gehöfts zum Wohn-haus der Eigentümerin umgebaut.
In der Substanz noch erkennbare Charakteristika märkischer Bauern-häuser wurden außen wie innen sorgfältig freigelegt, thematisch überhöht bzw. transformiert, in Bereichen ihres Totalverlusts die archaischen Themen und tradition-ellen Bautechniken des ländlichen Bauens neu interpretiert: Der mit Muschelkalk geputzte Hauskörper wird durch die rhythmische Ordnung der Fensterpaare und die feine Putz-lineatur proportioniert. Die lebendige Oberfläche des sandocker durchge-färbten Putzes und außenbündig liegende Kastenfenster manifestier-en eine gespannt erscheinende Ge-bäudehaut, die die kubische Wirkung des Putzkörpers auf dem Feldsteinsockel unterstreicht. Einzig die vertieft liegende Holzbohlentür des Hauseingangs unterbricht die Gebäudehaut.
Auch die Ruhe des Dachkörpers bleibt nach dem Ausbau gewahrt: Durch den Einsatz von Fledermaus-gauben in traditioneller Holzrahmen-konstruktion und die Dachein-deckung mit alten Biberschwänzen in doppelter Kronendeckung bleibt der Zusammenhang der Dachfläche gewahrt. Profiliert aufgemauerte Schornsteine akzentuieren die Dachsilhouette des Hauses und verweisen auf die zahlreichen Feuerstellen im Hausinnern.
Im Innern umlagert ein Kranz von enfiladeartig angeordneten Wohn-räumen den Doppelkern des Hauses aus Feuer- und Wasser-stelle. Die Durchgangsdiele scheidet vorerst drei Wohnzimmer der Hauptwohnung von den Neben-räumen und der dahinter liegenden Einliegerwohnung, die später "zugeschaltet" werden kann.
Die im Kern des Hauses gelegene “Schwarze Küche” wird als charakteristisches Element dieses Haustypus erhalten und als zentrale Feuerstelle des Hauses neu interpretiert: Durch die Öffnung zur Rauchkammer im Dachgeschoss hin entsteht ein gebäudehohe Kamin-zimmer, das mit gebrauchten Schamottesteinen und Lehmputz ausgeschlagen ist. Das kompakte Geviert aus Bad- und Dusch-bereichen bildet den zweiten Kern des Hausorganismus.
Im neu ausgebauten Dachgeschoss liegen die Privatzimmer zu den Giebelseiten hin, in der Mitte des Hauses sind Rauchkammer und Badkabinett in die zentrale Dach-halle frei eingestellt. Alle Räume sind bis zum First hin offen, vorhandene Stiele, Pfetten und Kehlbalken bleiben sichtbar. Das Bad wurde in eine der Fledermaus-gauben eingepasst.
Materialität und Detaillierung setzen auch im Innern den Dialog mit Themen des ländlichen Bauens fort: erhaltene Mischkonstruktionen aus Mauerwerk und mit Strohlehm ausgefachtem Fachwerk werden sichtbar gemacht, alle Zimmer sind mit Lehmputz in unterschiedlichen Tönungen von Pompejanisch Rot über gelbliche Sand- und Ockertöne bis zu Elfenbeinfarben verputzt. Zahlreiche Feuerstellen sind als offene Tischkamine bzw. guss-eiserne Kanonenöfen in den Zimmern und Küchen eingerichtet.
In den Bädern sind gemauerten Dusch- und Badewannen in mattem Steinzeugmosaik gefasst. Alle Räume des Hauses sind mit weißlich geseiften Dielenböden ausgestattet, alte Terrazzoböden in der Diele wurden aufgearbeitet.
Das Bauernhaus wurde mit einer Anerkennung des Deutschen Architekturpreises für Putzbauten 2004 ausgezeichnet.
Tillmann Wagner Architekten Choriner Strasse 85, 10119 Berlin, fon/fax 030 443 587 94/96 Kontakt